Ist Jesus auferstanden?

Auferstehungsberichte von Augenzeugen aus frühester Zeit

Augenzeuge der Hoffnung

Bild: Dmitry Ratushny auf Unsplash.com

Das historische Argument für die Auferstehung von Jesus Christus geht davon aus, dass uns unverfälschte Berichte von Augenzeugen aus frühester Zeit vorliegen.

Kann das sein? Bekannte Kritiker der Bibel wie Richard Dawkins widersprechen:

„Seit dem neunzehnten Jahrhundert haben gelehrte Theologen mit überwältigenden Argumenten gezeigt, dass die Evangelien keine verlässlichen Berichte darüber sind, was in der Geschichte der realen Welt passiert ist. Sie wurden alle lange nach dem Tod von Jesus geschrieben, und sogar nach den Briefen von Paulus, die fast nichts von den angeblichen Tatsachen aus dem Leben von Jesus erwähnen. Alle wurden dann abgeschrieben und wieder abgeschrieben, durch viele ‚Stille-Post-Generationen‘ hindurch und das von fehleranfälligen Schreibern, die ihre eigene religiöse Tagesordnung hatten.“ (Richard Dawkins, The God Delusion, 2007, 118)

Hier gesteht der Biologe Dawkings ausnahmsweise „gelehrten Theologen“ „überwältigende Argumente“ zu. Das bedeutet aber nicht, dass er Recht hat. Seine Behauptung zu den Abschreibefehlern und Stiller Post stimmt nicht. Es stimmt auch  nicht, dass alle Evangelien lange nach allen Briefen von Paulus geschrieben wurden – außer Dawkins hält 2-3 Jahre für „lange“. (Der Philipperbrief wird von manchen auf das Jahr 61 n.Chr. datiert, das Lukasevangelium entstand vor dem Tod von Paulus, der wohl um 64 n.Chr. umgebracht wurde, vgl. Wann entstanden die Evangelien?)

Dawkins behauptet, Paulus würde „fast nichts“ über Jesus berichten. Paulus schrieb keine Biographie über Jesus, sondern Briefe an Jesus-Gläubige. In diesen Briefen erwähnt er immer wieder wichtige Ereignisse aus dem Leben von Jesus. Er berichtet die Kernpunkte, auf die es ankommt.

Berichte von Augenzeugen

Ein Text aus dem Neuen Testament (Erster Brief an die Korinther, Kapitel 15,3-9) genügt, um zu zeigen, dass die Vorurteile von Dawkins nicht pauschal gerechtfertigt sind. Das gilt besonders, wenn es um die zentrale Behauptung der Auferstehung von Jesus geht:

3 Denn ich habe euch vor allem überliefert, was ich auch empfangen habe:
dass Christus für unsere Sünden gestorben ist nach den Schriften;
4 und dass er begraben wurde und
dass er auferweckt worden ist am dritten Tag nach den Schriften;
5 und dass er Kephas erschienen ist, dann den Zwölfen.

6 Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten bis jetzt übriggeblieben, einige aber (auch) entschlafen sind. 7 Danach erschien er Jakobus, dann den Aposteln allen;
8 zuletzt aber von allen, gleichsam der unzeitigen Geburt, erschien er auch mir. 9 Denn ich bin der geringste der Apostel, der ich nicht würdig bin, ein Apostel genannt zu werden, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe.

Liegen uns in diesen Worten tatsächlich unverfälschte Augenzeugenberichte aus frühester Zeit vor?

Bild: Papyrus 46, Fol 57 a und b, ca 175-225 n.Chr., 1.Korinther 14,34-15,17 14, csntm.org

Aus welcher Zeit stammen diese Informationen?

Paulus lehrt die Informationen in Korinth

55/56 n.Chr.: Paulus schreibt den 1.Korintherbrief

Paulus schrieb seinen Brief an die Christen in Korinth ungefähr 25 Jahre nach der Kreuzigung und den Erscheinungen des Auferstandenen.

51 n. Chr.: Paulus lehrt in Korinth

Er erwähnt ja, dass er diese Informationen bereits bei seinem ersten Besuch fünf Jahre früher weitergeben hat:

  • . . . ich habe euch vor allem überliefert . . .

Sogar wenn das das Ende der Reise in die Vergangenheit wäre, betrüge der Zeitraum zwischen dem Ereignis und dem Bericht nur 20 Jahre.

Paulus schreibt aber, dass er selbst diese Worte empfangen hat:

  • . . . ich habe euch vor allem überliefert, was ich auch empfangen habe . . .

Paulus empfängt die Informationen

Die Worte, die auf „was ich auch empfangen habe“ folgen, weisen eine innere Struktur auf:

3 Denn ich habe euch vor allem überliefert, was ich auch empfangen habe:

dass Christus für unsere Sünden gestorben ist nach den Schriften;

4 und dass er begraben wurde und

dass er auferweckt worden ist am dritten Tag nach den Schriften;

5 und dass er Kephas erschienen ist, dann den Zwölfen…

Es handelt sich um eine geprägte Formulierung, ähnlich einem Lehrgedicht. Die Formulierung wurde bewusst so gestaltet, dass sie leicht einzuprägen ist.

Sie besteht aus zwei parallelen Zeilen über Jesus Christus mit jeweils zwei parallelen Teilen:

  • Gestorben (Zusatz: für unsere Sünden) nach den Schriften und begraben
  • Auferweckt (Zusatz: am dritten Tag) nach den Schriften und erschienen

„Gestorben“ wird aufgehoben durch „auferweckt“, „begraben“ wird aufgehoben durch „erschienen“.

Diese Formulierung ist sehr alt. Das sehen wir beispielsweise an der Verwendung von „Kephas“, dem aramäischen Wort das Jesus benutzte als er Simon den Spitznamen „Fels“ gab (Fels heißt auf Aramäisch kepha, das später ins Griechische übersetzt wurde als petros und zum lateinischen Petrus wurde.)

Diese Formulierung wurde also zu einer so frühen Zeit der christlichen Bewegung formuliert als alle ihre Autoren und Hörer Aramäisch verstanden. Später wurde Kephas viel seltener verwendet als das griechische Petros.

Paulus empfängt die Informationen spätestens 35 n.Chr.

Doch wann hat Paulus diese Formulierung gelernt – „empfangen„? Historikerinnen und Theologen nehmen an, dass das spätestens fünf Jahre nach den berichteten Ereignissen gewesen ist.

35 n. Chr.: Paulus besucht Jerusalem

Damals reiste Paulus nach Jerusalem, um Petrus und Jakobus zu treffen – die beiden anderen namentlich erwähnten Personen.

Danach, drei Jahre später, kam ich hinauf nach Jerusalem, um Kephas kennenzulernen, und blieb fünfzehn Tage bei ihm. Von den andern Aposteln aber sah ich keinen außer Jakobus, des Herrn Bruder. Was ich euch aber schreibe – siehe, Gott weiß, ich lüge nicht! (Galaterbrief 1,18-20)

32 n. Chr.: Paulus in Damaskus

Schon hier hätte er die Formulierung erhalten haben können. Aber hier ist er selbst Augenzeuge von Jesus geworden.

Die Informationen werden zur Formulierung geprägt

Wann wurden diese Worte formuliert? Wenn Paulus sie fünf Jahre nach der Kreuzigung und der berichteten Auferstehung gelernt hat, dann muss sie natürlich schon vorher entstanden sein.

Selbst der wunderkritische Theologe und Historiker Gert Lüdemann anerkennt:

„Die Ausbildung der in 1Kor 15,3-8 genannten Erscheinungstraditionen fällt in die Zeit zwischen 30-33 n. Chr.“ (Die Auferstehung Jesu. Historie, Erfahrungen, Stuttgart, Radius Verlag, 1994, Theologie, 51)

Ab 30 n. Chr.: Formulierung wird geprägt

Die Berichte über den Tod und die Auferstehung von Jesus sind also weniger als fünf Jahre nach den Ereignissen entstanden.

Noch dazu behauptet Paulus, selbst ein Augenzeuge des auferstandenden Jesus zu sein.

Wir haben also tatsächlich Berichte von Augenzeugen aus frühester Zeit. Aber sind sie wirklich unverfälscht – oder haben die Augenzeugen selbst sie verfälscht?

Mehr

Ausführlich diskutiert wird 1.Korinther 15,3-8 von Michael R. Licona, The Resurrection of Jesus. A New Historiographical Aprroach. IVP Academic, Downers Grove (Il.) 2010, 223-235.

Mike Licona, Is Paul’s testimony about Jesus‘ resurrection late? | Highlight (5:55)