Seine revolutionär gute Sicht auf Ausgegrenzte

Jesus und Arme

Auch Arme waren für Christen wertvoll. „Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen.“ (Philipperbrief 2,4) „Gott, der Vater, wird auf die rechte Art geehrt, wenn jemand den Waisen und Witwen in ihrer Not beisteht und sich nicht an dem ungerechten Treiben dieser Welt beteiligt.“ (Jakobusbrief 1,27)

Ein Bischof, das heißt ein örtlicher Gemeindeleiter, durfte laut den Anweisungen der syrischen Didaskalia für eine Reichen zum Beispiel seine Predigt nicht unterbrechen – um ja nicht den Anschein zu erwecken, dass Reiche irgendwie mehr wert waren. Wenn ein Armer hereingekommen ist, musste der Bischof aber sogar für ihn extra einen Platz suchen und falls keiner da war – am Boden sitzen!

Justin schreibt um 152 die gängige Unterstützung für Bedürftige in christlichen Gemeinden im Rahmen ihres Gottesdienstes: „Wir aber erinnern nach diesem (Mahl) auch fernerhin einander immer wieder daran, und diejenigen von uns, die wohlhabend sind, helfen allen denen, die Mangel haben, aus, und immer finden wir uns beieinander zusammen und bei allem, was wir genießen, lobpreisen wir den Urheber aller Dinge durch seinen Sohn Jesus Christus und den heiligen Geist. Und an dem Tage, den man den Sonntag nennt, findet eine allgemeine Zusammenkunft statt sowohl derer, die in Städten als auch derer, die auf dem Lande wohnen, dabei werden die Denkwürdigkeiten der Apostel oder die Schriften der Propheten, soweit es angeht, vorgelesen. Ist der Vorlesende zu Ende, dann ermahnt und ermuntert der Vorsteher in einer Ansprache zur Nachahmung des Guten, wovon man eben vernommen. Darauf erheben wir uns alle zusammen und bringen Gebete dar. Und wenn wir mit dem Beten zu Ende sind, wird, wie schon berichtet worden ist, Brot herbeigebracht und Wein und Wasser; dann schickt der Vorsteher Gebete ebenso wie Danksagungen nach bestem Vermögen empor, und das Volk stimmt feierlich mit ein, indem es das Amen spricht, und nun geht die Verteilung und der Empfang des durch die Danksagung Geweihten seitens eines jeden vor sich, und davon wird durch die Diakonen auch den Abwesenden gebracht.
Wer aber die Mittel und den guten Willen hat, bringt, ein jeder nach eigenem Ermessen, was er will, dar und was da zusammenkommt, wird bei dem Vorsteher hinterlegt, der hilft (damit) Waisen und Witwen und denen, die wegen Krankheit oder sonst einer Ursache wegen bedürftig sind, den Gefangenen und den von auswärts zugewanderten Fremdlingen, kurz er ist allen, die sich in Not befinden, ein Pfleger.“
(Justin der Märtyrer, erste Apologie, 67)

Auch Tertullian beschreibt ca. 197 die Versorgung von Bedürftigen als normalen Ausdruck der Liebe unter den Christen: „Auch wenn es eine Art Vereinskasse gibt, wird sie nicht aus Geldgeschenken zusammengebracht, so als wäre die Religion etwas Käufliches. Ein bescheidenes Scherflein  steuert jeder einzelne bei an einem bestimmten Tag im Monat oder wenn er will und falls er überhaupt will und falls er überhaupt kann. Denn niemand wird gezwungen, sondern man zahlt aus freien Stücken. Dies sind gewissermaßen Darlehen der Frömmigkeit. Denn davon wird nichts für Schmausereien und Trinkgelage oder unnütze Fresswirtschaften ausgegeben, sondern für den Unterhalt und das Begräbnis Armer, für Knaben und Mädchen, die kein Geld und keine Eltern mehr haben, und für alt gewordene Diener, ebenso für Schiffbrüchige und für jene, die in Bergwerken oder die auf Inseln oder in Gefängnissen – vorausgesetzt, sie sind dort wegen ihrer Zugehörigkeit zur Gemeinschaft Gottes – zu Pfleglingen ihres Bekenntnisses werden. Doch eben solcher Liebe Werk drückt uns in den Augen vieler ein Mal auf. ‚Seht’, sagen sie, ‚wie sie sich gegenseitig lieben’ – sie selbst nämlich hassen sich gegenseitig – ‚und wie sie für einander zu sterben bereit sind’ – sie nämlich wären eher einander umzubringen bereit.“ (Tertullian, Apologeticum, 39.5-7)