Die Bibel ist das meistverkaufte und meistverbreitete Buch der Welt: es gibt laut Guinness Buch der Rekorde ca. 5-7 Mrd. Exemplare.
Sie wurde in mehr Sprachen übersetzt als jedes andere Buch: in zumindest 3658 Sprachen gab es im September 2023 Teile der Bibel, in 736 die komplette, das bedeutet, dass über 6 Mrd. Menschen sie ganz in ihrer Sprache lesen könnten.
Im Internet finden sich Aufnahmen von wahren Freudenfeiern, wenn eine Sprachgruppe zum ersten Mal vielleicht nach jahrzehntelanger linguistischer Forschung und Übersetzungsarbeit Kistenweise Bibeln in ihrer eigenen Sprache erhält.
Viele nennen die Bibel „Heilige Schrift“, weil sie denken, dass die Bibel von Gott kommt. Für manche war sie so heilig, so wichtig, dass sie sie unter Lebensgefahr versteckt oder geschmuggelt haben. In vielen Ländern ist die Bibel heute verboten: Beispielsweise kann in Nordkorea die ganze Familie hingerichtet werden, wenn nur ein Familienmitglied eine Bibel hat.
„Der bloße Besitz einer Bibel wird als Verbrechen gegen die Nation und die Führung betrachtet.“ Weltverfolgungsindex 2021, zit.n. Schirrmacher, Heimowski und Warnecke, 2021, 187.
So wichtig, so gefährlich, so wirksam ist die Bibel weltweit.
Was ist für Diktaturen so gefährlich an der Bibel, wieso feiern die Leute das Buch?
Die Bibel erzählt die Geschichte Gottes mit der Welt und den Menschen. Und diese Geschichte ist eine Liebesgeschichte, die Sinn, Hoffnung und Erlösung bringt. Kein Wunder, dass die Leute feiern. Die Bibel erzählt die Geschichte von Jesus Christus, und er steht ja bei den meisten Listen der wichtigsten Personen der Weltgeschichte unter den Top 3. Er ist weltweit beliebt.
Das „Alte Testament“ als Problem
Aber da könnte es ein Problem namens „Altes Testament“ geben.
Der erste Teil der Bibel, das sogenannte „Alte Testament“ ist länger als der zweite Teil, in dem Jesus spricht und wirkt.
Im ersten Teil scheint alles voller rätselhafter Stories, Stammbäumen und schräger Gesetzen.

Bild: Manuel Rheinschmidt auf Unsplash.com
Wie passen Jesus und das Alte Testament zusammen?
Was denkt Jesus selbst darüber?
Für manche ist das vielleicht so, als würde man einen hinterwäldlerischen Provinzler aus einer rückständigen Kultur über Wüstenvolkpropaganda befragen. Aber das wäre nichts als rassistische Überheblichkeit. Realistischer und angemessener wäre diese Aussage:
Der einflussreichste Mensch der Weltgeschichte hat das Buch gut gefunden.
Über Jesus gibt es Literatur aus dem ersten Jahrhundert, die auf Menschen zurückgeht, die ihn gekannt haben. Dort finden wir seine Meinung zum Alten Testament.
Jesus: Ich bin im Alten Testament
Er behauptet, dass er selbst für Geschichte so zentral ist, dass sogar im ganzen ersten Teil der Bibel von ihm geredet wird:
Und Jesus erklärte ihnen die Worte, die sich auf ihn bezogen, von den Büchern Moses und der Propheten angefangen durch die ganzen Heiligen Schriften. … Als ich noch mit euch zusammen war, habe ich euch gesagt: „Alles, was im Gesetz, in den Schriften der Propheten und in den Psalmen über mich steht, muss in Erfüllung gehen.“ (Lukas 24,27 und 44)
Das Alte Testament wurde grob in drei Teile gegliedert:
- Das Gesetz, damit waren die fünf Bücher von Mose gemeint.
- Die Propheten, damit war alles von Josua bis Maleachi gemeint.
- Und die Schriften, damit waren Psalmen, Weisheitsliteratur und der Rest gemeint.
Mit diesen Worten zeigt Jesus, dass er sich in allen drei Teilen des Alten Testaments wiederfindet.
Ihr forscht doch in den Heiligen Schriften und seid überzeugt, in ihnen das ewige Leben zu finden – und gerade sie weisen auf mich hin… Wenn ihr Mose wirklich glaubtet, dann würdet ihr auch mir glauben; denn er hat über mich geschrieben. (Johannes 5,39 und 46).
Wie könnte das gemeint sein?
Die große Geschichte
Im ersten Teil der Bibel wird die lange Geschichte der Menschen erzählt, die zu Jesus führt.
Das ist zugleich eine Geschichte von Lösungen, die nicht funktionieren: Große Reiche, kleine Familien, starke Zentralregierungen, Monarchie, dezentralisierte Regierungsformen, sporadische Gottesverehrung, prächtige Tempelrituale, klare Gesetze und Abmachungen, Strafen und Wiederanfänge – nichts funktioniert letztlich, die Menschen ändern sich nicht. Alle Lösungsansätze scheitern und es wird klar: die Welt braucht eine andere es muss was anderes passieren.

Bild: wikimedia.org
Die Konturen der Lösung
Quer durch den ersten Teil der Bibel wird das immer konkreter, wie und durch wen Gott Menschen retten wird. Es läuft alles darauf hinaus, dass einer kommt, der der Schlange des Bösen den Kopf zermalmt und weltweit Segen bringt, ein König und Diener und Opferlamm. Das ist Jesus.
Christen finden viele Aussagen, Anspielungen oder Analogien, die sie auf Jesus beziehen.
„Viele Personen und Ereignisse und Institutionen des Alten Testamentes haben eine symbolische Dimension und weisen auf Christus und sein Werk hin.“ (Vern S. Poythress)
Da entsteht eine Kontur, die genau passt – genau auf Jesus. Und dann wird sogar noch gesagt wo, wann und wie er geboren wird. (Mehr dazu: Erfüllte Prophetien und Gottes Existenz)

Bild: Ivan Diaz auf Unsplash.com
Die Erfüllung der Versprechen
Alle Linien im Alten Testament kreuzen sich schließlich in Jesus Christus.
Zum Beispiel schreibt Paulus:
Christus ist das Ende des Gesetzes. (Römer 10,4)
Das bedeutet, er ist das Endziel für das Gesetz des Moses. Der Alttestamentler John Sailhamer sagt:
„Der gesamte Blickwinkel des Pentateuchs richtet sich auf die Zukunft als die Zeit, zu der Gottes zuverlässige Verheißung erfüllt werden würde.“ (John Sailhammer)
Das ist nicht nur eine allgemeine Perspektive, sondern die fünf Bücher von Moses sprechen auch ganz konkret von einem König und Propheten, der über alle Völker herrscht, der Gericht hält, an dem sich alles entscheidet, der das pralle Leben mitbringt. Ein literarischer Marker dafür ist die Wendung „Am Ende der Tage“ (Genesis 49, Numeri 24,14, Deuteronomium 31,29 und 18,18-19).
Das ist Jesus Christus – Jesus, der Messias also der versprochene Retter Gottes. Der Messias ist das Ende des Gesetzes. Den Weg zu Gott findest Du nicht durch das Gesetz, sondern nur bei Jesus Christus.
Gott spielt die Hauptrolle
Jesus selbst sagt immer wieder, dass das Alte Testament von ihm redet. Der englische Theologe John Stott schreibt dazu:
„Als Jesus zu Beginn seines Wirkens in die Synagoge von Nazareth ging, um anzubeten, las er aus Jesaja 61 vor, über die Mission des Messias und die Botschaft der Befreiung. Und er fügte hinzu: ‚Heute ist diese Schrift vor euren Ohren erfüllt‘ (Lukas 4,21). Anders ausgedrückt: ‚Wenn ihr wissen wollt, über wen der Prophet das hier geschrieben hat – er hat es über mich geschrieben‘. Solche Aussagen finden wir bei Jesus während der gesamten Zeit seines Wirkens immer wieder. Sogar nach der Auferstehung blieb er dabei – er erklärte ihnen ‚in allen Schriften das, was ihn betraf‘ (Lukas 24,27).“ (John Stott, 14-15)
Jesus spielt die Hauptrolle in der Bibel, weil Jesus Gott ist. Gott selbst ist aufgetaucht in seiner eigenen Geschichte.
Der größte Experte für das Alte Testament
Wenn es einen Experten für das Alte Testament gibt, dann Gott. Wenn Jesus Gott ist, lohnt es sich zu schauen, was er über das Alte Testament denkt. Was Gott über die Bibel denkt, stimmt natürlich. Gott macht keine Fehler.
Allerdings kennen wir seine Antwort nicht zu allen unseren Fragen. Jesus hat nicht über alle Themen des Alten Testaments gesprochen. Zum Beispiel hat er sich nie auf die Schöpfung in Genesis 1 bezogen. Unterschiedliche Meinungen über das genaue Verständnis der Texte sind auch für Jesus-Fans an vielen Stellen möglich.

Bild: Samantha Sophia auf Unsplash.com
Jesus über das Alte Testament
Das war der Teil der Bibel, den Jesus selbst gelesen, gelebt und gelehrt hat.
Umfang: Welche Bücher gehören zum Alten Testament?
Das Alte Testament besteht aus vielen verschiedenen Büchern. Einen Hinweis darauf, welchen Umfang seine Bibel hatte, gibt er im Matthäusevangelium:
… von Abel an bis hin zu Secharja, dem Sohn von Berechja, … (Matthäus 23,35).
Abel ist der erste unschuldig Ermordete und kommt gegen Anfang der Bibel im ersten Buch vor (1.Mose bzw. Genesis). Secharja wird ebenfalls unschuldig ermordet und kommt in 2. Chronik 24 vor. Die hebräische Bibel ordnet bis heute die Bücher anders als unsere Übersetzungen. 2. Chronik steht dort am Ende. Jesus spricht also von den unschuldig Ermordeten, vom ersten und letzten in seiner Bibel.
Wir können also davon ausgehen, dass Jesus die hebräische Bibel seiner Zeit verwendet hat, also die 39 Bücher, die z.B. in heutigen Lutherbibeln zu finden sind, auch wenn sie anders angeordnet waren.
Unvergänglich, unauflöslich, unausweichlich
Für Jesus ist die Heilige Schrift sehr, sehr lange beständig:
Ich versichere euch: Solange der Himmel und die Erde bestehen, wird selbst die kleinste Einzelheit von Gottes Gesetz gültig bleiben, so lange, bis ihr Zweck erfüllt ist. (Matthäus 5,18).
Er sagt:
Die Schrift kann nicht aufgelöst werden. (Johannes 10,35)
Und ganz oft sagt er: Die Schrift muss erfüllt werden. Zum Beispiel bei seiner Verhaftung:
Warum habt ihr mich nicht im Tempel festgenommen? Ich war doch jeden Tag dort und habe gelehrt. Aber dies alles geschieht, damit erfüllt wird, was die Schrift über mich sagt. (Markus 14,49).
Warum ist die Schrift so unvergänglich, unauflöslich, unausweichlich? Weil sie von Gott kommt. Jesus sagt, dass Gott in diesem Buch spricht.
Gott spricht durch Worte von Menschen
Sehr geschickt bringt ihr es fertig, das Gebot Gottes außer Kraft zu setzen, um eure überlieferte Vorschrift zur Geltung zu bringen! Mose hat bekanntlich gesagt: … Ihr dagegen behauptet: … So setzt ihr das Wort Gottes außer Kraft … (Markus 7,9-13)
Was da steht, ist „Gottes Wort“ (Markus 7,9-13) – auch wenn Menschen wie Mose das aufgeschrieben haben. Diese Menschen haben das durch Gottes Geist so geschrieben:
„David selbst sagte doch, erleuchtet vom Heiligen Geist: …“ (Markus 12,36)
Das bedeutet, der König und „Singer-Songwriter“ David hat den betreffenden Psalm geschrieben. Aber gleichzeitig hat Gott durch seinen Heiligen Geist David geholfen, das richtig auszudrücken. Das war kein Diktat, David war keine reine Schreibmaschine. Aber es war auch keine reine Erfindung Davids, Gott hat seine Finger bei Davids Biographie und inspirierten Texten im Spiel.
Gott ist der Autor
Auf eine Frage nach Ehe und Scheidung antwortet Jesus:
Habt ihr nicht gelesen, was in den Heiligen Schriften steht? Dort heißt es, dass Gott am Anfang den Menschen als Mann und Frau geschaffen hat. Und er hat gesagt: „Deshalb verlässt ein Mann Vater und Mutter, um mit seiner Frau zu leben. Die zwei sind dann eins, mit Leib und Seele.“ (Matthäus 19,4-5)
Für ihn hat Gott die Menschen geschaffen. Und derselbe Gott hat die Worte über Mann und Frau gesagt. Wenn man im Text nachliest, auf den sich Jesus bezieht (Genesis 2,24) wird aber nicht gesagt: „Und Gott sprach …“ Diese Worte stehen einfach so im Text – der Erzähler, der Autor spricht.
Für Jesus ist Gott dieser Autor.

Bild: Rembrandt, Die Rückkehr des verlorenen Sohns, Ausschnitt (wikimedia.org)
Jesus: Gott nahe sein durch seine Worte
Für Jesus ist die Heilige Schrift ewig, muss erfüllt werden und kommt von Gott.
Gottes Kraft kennen lernen
Jesus erwiderte: „Liegt euer Fehler nicht darin, dass ihr weder die Heiligen Schriften kennt noch wisst, was Gott in seiner Macht tun kann?“ (Markus 12,24)
Um Gott nahe zu sein und seine Kraft zu erleben, wäre es hinderlich aus der Sicht von Jesus, Gottes Worte links liegen zu lassen.
Die Bibel ist dann wie ein Feuer, weil Gott durch sie spricht.
Ein Freund hat vor vielen Jahren als Student angefangen, sich für Jesus zu interessieren. Er hat viel diskutiert und überall mitgemacht. Und er hat angefangen, die Bibel zu lesen. Eines Tages sagte er: „In mir brennt ein Feuer. Und jedes Mal, wenn ich die Bibel lese, kommt ein Holzscheit dazu.“
Wenn Jesus recht hat, spricht Gott aus diesem Buch. Dann ist so ein Brennen nicht überraschend.
Wenn es Gott wirklich gibt, dann möchte er nicht, dass wir irgendwie im Dunkeln sitzen und grübeln müssen, wie er ist. Oder unsere Fantasie spielen lassen. Oder eine Abstimmung, ein Gremium oder ein Konzil abhalten. Das führt uns nicht zu Gott. Das führt uns immer nur zu uns selbst.
Aber Gott könnte zu uns kommen und mit uns kommunizieren. Wenn die Sache mit Jesus stimmt, hat er genau das getan. Wenn das stimmt, ist Gott voller Liebe, die in jedem Menschen zum Brennen kommen kann.
MEHR
Literatur
John R. W. Stott, Jesus und die Bibel, in: Gottes Wort für unsere Welt, Langham Publishing, Carlisle 2021, 13-23.
John Wenham, Jesus und die Bibel. Autorität, Kanon und Text des Alten und Neuen Testaments, Hänssler, Holzgerlingen 2000.
Andrew Wilson, Unbreakable. What the Son of God said about the word of God, 10Publishing, Leyland 2014.
Thomas Schirrmacher, Uwe Heimowski und Martin Warnecke, Jahrbuch Verfolgung und Diskriminierung von Christen 2021, VKW, Bonn 2021.
https://www.guinnessworldrecords.com/world-records/best-selling-book-of-non-fiction. (9.7.2024)
https://www.wycliffe.net/resources/statistics/ (9.7.2024)
Englische Originalzitate
John Sailhammer über die Stoßrichtung des Pentateuch:
„In other words, the entire outlook of the Pentateuch looks to the future as the time when God’s faithful promise would be fulfilled.“ (John Sailhammer, NIV Compact Bible Commentary, Zondervan, Grand Rapids, MI, 1994, 11)
Vern S. Poythress über Analogien und symbolische Bedeutungen im Alten Testament:
„Many personages and events and institutions in the Old Testament have a symbolic dimension and point to Christ and his work. At the same time, they never measure up to Christ’s work, which is unique. So we may miss some of their significance if we do not notice that there is a symbolic meaning, even when there is not exact correspondence.“ Vern S. Poythress, Autor von Biblical Typology, How the Old Testament Points to Christ, His Church, and the Consummation. Crossway 2024, beschreibt 10 Lesser-Known References to Jesus in the Old Testament, https://www.crossway.org/articles/10-lesser-known-references-to-jesus-in-the-old-testament/)