Wo braucht Wissenschaft Glauben?

Keine Wissenschaft ohne Vertrauen

Bild: Josh Olalde auf Unsplash.com

Die Definition der Wissenschaft macht klar: Um Wissenschaft zu betreiben, brauchen man …

  • Vertrauen in die Regelmäßigkeit der Natur
  • Vertrauen in die Verstehbarkeit der Natur
  • Vertrauen in die Fähigkeit der Menschen, die Natur zu beobachten
  • Vertrauen in die Fähigkeit der Menschen, die Naturbeobachtungen zu verstehen
  • Vertrauen in die Fähigkeit der Menschen, die Naturbeobachtungen angemessen zu interpretieren, in eine Theorie einzuordnen
  • Vertrauen in die vorausgesetzten Gesetze der Logik
  • Vertrauen in andere Wissenschaftlerinnen und Forscher
  • Vertrauen in die langfristige Sinnhaftigkeit von Forschung.

Alle Menschen brauchen viel Vertrauen: Wer mit dem Bus fährt, vertraut dem Busfahrer, wer in ein Haus geht, dem Architekten und der Baufirma. Ohne Vertrauen zerbricht die Gesellschaft.

Vertrauen ist ein anderes Wort für Glauben – für allgemeinen Glauben.

Solch ein Vertrauen kann von einem Vertrauensvorschuss ausgehen, aber es wird praktisch bestätigt oder enttäuscht. Vertrauen, egal ob in der Wissenschaft oder im Glauben an Jesus, braucht Gründe. Ein begründeter Glaube bleibt Vertrauen, egal ob in Wissenschaft oder im Glauben an Jesus.

Daher sind Glauben und Wissen kein Widerspruch. Der Wissenschaftsphilosoph Wolfgang Stegmüller sagt:

Man muß nicht das Wissen beseitigen, um dem Glauben Platz zu machen. Vielmehr muß man bereits an etwas glauben, um überhaupt von Wissen und Wissenschaft reden zu können.“ (Wolfgang Stegmüller, Metaphysik, Skepsis, Wissenschaft, 2. Aufl., Springer-Verlag, Berlin 1969, 33, zit.n. Solymosi und Kessler 41)

Woher kommt das Vertrauen, das für die Wissenschaft nötig ist? Woher kommt die Vorstellung, dass die Welt so verstehbar und geordnet ist und wir in der Lage sind, sie zu erforschen?

Könnte ein materialistischer Atheismus ein passender Ausgangspunkt für die Wissenschaft sein?

Oder passen die Bedingungen für moderne Naturwissenschaft besser zum christlichen Weltbild?

Mehr

Der Teilchenwissenschafter Martin Alexa zum Thema Teamarbeit:

„Man ist Teil eines großen Teams. Wenn die Atlas-Gruppe [am CERN] einen Fachartikel veröffentlicht, stehen 3000 Autorennamen darüber.“ (Teilchenjäger, Die ZEIT No 23, 25.5.2016, Das Österreich Portrait, Seite 32)

Ohne Vertrauen in die langfristige Sinnhaftigkeit von Forschung könnten wir das Motiv verlieren, als Gesellschaft Wissenschaft zu betreiben. So sieht es der Philosoph Michael Hampe von der ETH Zürich. Wissenschaft verfolgte von ihren Anfängen her „das Projekt der kollektiven Wahrheitssuche“ in der Überzeugung, dass Wahrheit „durch mühsames, viele Generationen überdauerndes Nachdenken und Forschen zu gewinnen sei.“ (Warum lügen und betrügen Wissenschaftler? DIE ZEIT, 4.5.2016 (20), 44) Wenn Ihre Weltanschauung  durch eine überzeitliche Ethik Gründe für gegenseitiges Vertrauen liefert, sind sie offen für Zusammenarbeit. Was könnte ohne Teamwork, Vertrauen und Ethik geschehen?

„Doch so wie Gesellschaften, die de facto nur noch partikulare Ziele narzisstischer Einzelkämpfer kennen, sinnentleert werden, ebenso verliert das Projekt der Wissenschaft seinen Sinn, wenn die Personen, die es vorantreiben, nur den individuellen Erfolg, im besten Fall noch das Ranking der Institution, die sie angestellt hat, im Auge haben. Das versteht auch die nicht wissenschaftliche Öffentlichkeit. Sie sagt dann: ‚Na klar fälschen und tricksen sie in Hochschulen und Akademien genauso wie in Wirtschaft und Politik. Das sind ja auch nur Menschen, denen es wie allen anderen um den eigenen Vorteil geht.‘ … Die Frage ist, inwieweit eine Öffentlichkeit … noch bereit sein wird, die entsprechenden Institutionen zu alimentieren.“ (Michael Hampe, Warum lügen und betrügen Wissenschaftler? DIE ZEIT, 4.5.2016 (20), 44)