Stephen Hawking und Gott

Stephen Hawking, Gott und die großen Fragen

Bild von Stephen Hawking

Bild: Stephen Hawking, von NASA auf wikimedia.org

Stephen Hakwing beschäftigt sich in seinem letzten Buch besonders mit der Frage nach Gott.

Stephen Hawking war weltberühmt, sein Leben wurde verfilmt und er hat es sogar zu mehreren Gastauftritten in den Simpsons gebracht. Zeit seines Lebens war er bekannt dafür, seine immer schwerere Erkrankung zu ertragen. Dank technischer Hilfsmittel arbeitete er weiter und lebte mit Freunden und Familie zusammen. Seit seinem Welterfolg „Eine kurze Geschichte der Zeit“ (1988) war seine Meinung auch zu Themen gefragt, die über seine Expertise als Kosmologe hinaus zu gehen scheinen.

Das letzte Buch: Kurze Antworten auf große Fragen

Stephen Hawking starb 2018, während sein letztes Buch entstand. Wir wissen daher nicht, welche Teile er noch selbst freigegeben hat und welche ohne sein Zutun aus seinem Archiv in Zusammenarbeit mit Kollegen und Familienmitgliedern entstanden sind.

Vorwort, Einleitung und Nachwort

Der Schauspieler Eddie Redmayne, der Nobelpreisträger und Physiker Kip S. Thorne und seine Tochter, die Autorin Lucy Hawking liefern Vorwort, Einleitung und Nachwort. Dieser literarische Rahmen bringt uns den Mensch Stephen Hawking näher, seinen Charakter, seine Brillanz als Wissenschaftler, die große Achtung, die ihm von der Öffentlichkeit entgegengebracht wurde.

Damit erfüllen diese Beiträge im Rahmen der aristotelischen Rhetorik die persuasive Aufgabe, das Ethos des Autors zu beleuchten und stärken so seine Autorität und Glaubwürdigkeit.

Das Buch präsentiert sich als das Vermächtnis eines berühmten, intelligenten, erfolgreichen, authentischen, liebevollen, tapferen, humorvollen, neugierigen, menschlichen und vorbildlichen Menschen.

Warum wir die großen Fragen stellen müssen

Im Kapitel „Warum wir die großen Fragen stellen müssen“ beschreibt Stephen Hawking seinen Werdegang. Sein Zugang zum Leben ist allein die theoretische Physik. Trotzdem ist ihm, auch aufgrund seiner Erkrankung klar, dass das Leben ohne Liebe und andere Menschen keine Bedeutung hätte. Hawking fordert uns auf, die Menschheit im Angesicht existenzieller Bedrohungen zu schützen:

„Seid tapfer, neugierig, entschlossen und überwindet alle Widrigkeiten! Wir können es schaffen!“ (Stephen Hawking, Kurze Antworten, 47)

Stephen Hawking in der Schwerelosigkeit bei seinem Parabelflug

Bild: Physicist Stephen Hawking in Zero Gravity von Jim Campbell, NASA auf wikimedia.org

Die großen Fragen

Den folgenden zehn Fragen widmet Hawking je ein Kapitel:

  1. Gibt es einen Gott?
  2. Wie hat alles angefangen?
  3. Gibt es anderes intelligentes Leben im Universum?
  4. Können wir die Zukunft vorhersagen?
  5. Was befindet sich in einem schwarzen Loch?
  6. Sind Zeitreisen möglich?
  7. Werden wir auf der Erde überleben?
  8. Sollten wir den Weltraum besiedeln?
  9. Wird uns künstliche Intelligenz überflügeln?
  10. Wie gestalten wir unsere Zukunft?

Noch kürzere Zusammenfassungen seiner „kurzen Antworten“ finden sich hier. (Achtung Spoiler!)

Gibt es Gott?

Gott ist das wichtigste und am häufigsten angesprochene Thema des Buches. Bereits als Schüler war Stephen Hawking davon fasziniert und diskutierte über Gott (S. 30).

Gibt es überhaupt mehr als naturgesetzlich festgelegte Materie?

Einleitung und Nachwort mögen noch ein ambiges Bild zeichnen: Redmayne hofft,

„Stephen hat jetzt Spaß‚ da droben mitten unter den Sternen‘“ (Stephen Hawking, Kurze Antworten, 12)

Lucy Hawking hingegen brachte schon als Kind einen Geistlichen durch herausfordernde Fragen bezüglich seines Gottesbeweises zum Weinen (S. 242).

Ihr Vater Stephen Hawking selbst ist ebenfalls recht klar. Es gibt keinen Gott, wie Christen ihn sich vorstellen:

„Meiner Ansicht nach lautet die einfachste Erklärung, dass es keinen Gott gibt. Niemand hat das Universum geschaffen und niemand lenkt unsere Geschicke.“ (Stephen Hawking, Kurze Antworten, 62)

Welche Argumente gegen Gott führt Hawking an?

Menschen denken laut Hawking bei Gott

„an ein menschenähnliches Wesen, zu dem sie eine persönliche Beziehung unterhalten können. Eine Annahme, die höchst unwahrscheinlich ist, wenn Sie sich die ungeheure Größe des Universums anschauen und bedenken, wie unbedeutend und zufällig menschliches Leben im Universum ist.“ (Stephen Hawking, Kurze Antworten, 52)

Falls Hawking einen Grund dafür kannte, von der Größe des Universums auf die Unmöglichkeit eines persönlichen Gottes zu schließen, hat er ihn uns vorenthalten.

Die Existenz Gottes widerspricht aus Hawkings Sicht außerdem der Wissenschaft. Seine Sicht auf die Wissenschaft lässt für Gott keinen Platz, keine Zeit und keine Möglichkeit, einzugreifen.

Der christliche Gott, der transzendent ist und immanent handelt, ist damit aber nicht gemeint, denn der christliche Gott ist transzendent und immanent.

Weitere Einwände gegen den christlichen Gott ergeben sich aus Hawkings Verständnis der Naturwissenschaft und seiner philosophischen Grundannahmen. Damit sind aber noch lange nicht alle wissenschaftlichen Fragen beantwortet. Allerdings führt das dazu, dass wichtige existenzielle Fragen offen bleiben.

Literatur

Stephen Hawking, Kurze Antworten auf große Fragen, Klett-Cotta, 2018, siebte Auflage 2021.