Welche Weltanschauung passt zur Wissenschaft?

Weltanschauliche Wurzeln der Wissenschaft: Psalm 19 als Beispiel

Sternenhimmel - den Denkzweifeln auf den Grund gehen

Bild: Kristopher Roller auf Unsplash.com

Naturwissenschaft braucht bestimmte Voraussetzungen. Die weltanschaulichen Wurzeln der Wissenschaft finden wir im Weltbild der Bibel.

Wurzeln der Wissenschaft

Woher kommt das Vertrauen, das für die Wissenschaft nötig ist? Woher kommt die Vorstellung, dass die Welt verstehbar und geordnet ist und wir in der Lage sind, sie zu erforschen? Wieso denken wir, dass Nachdenken und Nachschauen nötig und zielführend sind? Woher kommt eine gesunde Kritik an den Grenzen der Wissenschaft?

Um zu erklären, woher die Wissenschaft kommt, ist eine Auseinandersetzung mit Jahrtausende alter Literatur nötig, die die Weltanschauung geformt hat, in der dann die wissenschaftliche Methode möglich wurde.

Psalm 19 als Beispiel

David, König und Dichter von Psalm 19 an den Wurzeln der Wissenschaft.

Bild: Ilanbarshalom auf wikimedia.org

Ein guter Ausgangspunkt ist ein altorientalisches Gedicht, das in der Bibel als Psalm 19 zu finden ist.

Der Literaturwissenschaftler C.S.Lewis hat dieses Gedicht zum Besten gezählt, was es in der Lyrik gibt (C. S. Lewis, Reflections on the Psalms, Harcourt, Brace and World, New York 1958, 63).

Historisch gesehen kommt das Vertrauen in die Verstehbarkeit und Ordnung der Welt aus dieser Denktradition.

Teil 1: Eine wissenschaftsfreundliche Welt

Die Welt wird in dieser Weltanschauung als regelmäßig, geordnet, gleichmäßig angesehen:

Der Himmel erzählt die Herrlichkeit Gottes, und das Himmelsgewölbe verkündet seiner Hände Werk. Ein Tag sprudelt dem anderen Kunde zu, und eine Nacht meldet der anderen Kenntnis – ohne Rede und ohne Worte, mit unhörbarer Stimme. Ihre Messschnur geht aus über die ganze Erde und bis an das Ende der Welt ihre Sprache. Dort hat er der Sonne ein Zelt gesetzt. Und sie, wie ein Bräutigam aus seinem Gemach tritt sie hervor; sie freut sich wie ein Held, die Bahn zu durchlaufen. Vom Ende des Himmels geht sie aus und läuft um bis an sein Ende; nichts ist vor ihrer Glut verborgen. (Die Bibel, Psalm 19,2-7)

Wenn nach der Vorstellung der alten Hebräer Gott die Welt geschaffen hat und diese Welt ihn überall und gleichmäßig bezeugt, so führt das zu der Auffassung, dass die Welt gleichmäßig geordnet ist.

Teil 2: Eine Welt, in die Gott hineinspricht

Der zweite Teil des Gedichtes spricht davon, dass Gott sich offenbart hat – er redet.

Das Gesetz des HERRN ist vollkommen und erquickt die Seele; das Zeugnis des HERRN ist zuverlässig und macht den Einfältigen weise. Die Vorschriften des HERRN sind richtig und erfreuen das Herz; das Gebot des HERRN ist lauter und macht die Augen hell. Die Furcht des HERRN ist rein und besteht in Ewigkeit. Die Rechtsbestimmungen des HERRN sind Wahrheit, sie sind gerecht allesamt; sie, die köstlicher sind als Gold, ja viel gediegenes Gold, und süßer als Honig und Wabenhonig. (Psalm 19,8-11)

Die Welt allein genügt nicht, um Gott kennenzulernen. Himmel und Sterne und der Lauf der Sonne – das alles kommuniziert die herrliche Größe Gottes. Gott zeigt sich durch die Welt, die er geschaffen hat. Es gibt einen Gott! Aber sehr viel näher kommen wir ihm so nicht. Denn die Himmel reden ohne Sprache und ohne Worte über Gott, „ohne Rede und ohne Worte, mit unhörbarer Stimme„.

Nur durchs Anschauen des Sternenhimmels oder durchs Bergsteigen können wir den hier beschriebenen Gott nicht kennenlernen. Die Natur allein reicht nicht, weil sie nicht eindeutig ist: Es gibt auch Leid und Tod.

Um Gott zu erkennen, sind wir darauf angewiesen, dass er etwas über sich sagt. Das ist bei allen Personen so. Wenn sie einander nichts über sich offenbaren, gibt es keine tiefe Begegnung, kein echtes Kennenlernen.

Doch Gott spricht. Er spricht in diese Welt hinein. (Und Gott zeigt sich auch in dieser Welt. Mehr darüber auch hier: Stimmt die Sache mit Jesus?)

Teil 1 und 2 gemeinsam: Eine Welt mit ethischen und wissenschaftlichen Gesetzen

Für die alten Hebräer offenbart sich Gott in der Welt. Gott redet – und was er sagt, ist gut für Menschen.

Psalm 19 beschreibt es überschwänglich: Was Gott sagt ist „vollkommen und erquickt die Seele“, „erfreut das Herz“, seine Worte sind „köstlicher sind als Gold, ja viel gediegenes Gold, und süßer als Honig und Wabenhonig“.

Gott ist zugleich gut und schöpferisch. Er gibt gute ethische Gesetze und er schafft unsere großartige Welt so, dass sie ebenfalls nach gewissen gleichbleibenden Regelmäßigkeiten abläuft.

Dieses Gedicht (Psalm 19) zeigt, dass es für die alten Hebräer einen Zusammenhang zwischen dem ethischen Gesetz und den Abläufen und geordneten Bahnen der Natur gegeben hat. Viel später wurde dieser Gedanke so ausgedrückt: Gott hat uns zwei Bücher gegeben, das Buch der Natur und die Bibel.

Der Zusammenhang zeigt: Die Welt läuft nach Naturgesetzen ab. Und es gibt ethische Gesetze.

Teil 3: Eine Welt (teilweise) jenseits der Naturwissenschaft

Der erste Teil spricht von den gesetzmäßigen Abläufen der Natur. Der zweite Teil spricht von Gottes ethischen Informationen. Jetzt geht es im dritten Teil um die Beziehung zwischen Mensch und Gott.

Anders als die Natur in ihren regelmäßigen Abläufen, richten Menschen sich nicht immer nach guten ethischen Regeln und beeinträchtigen damit ihre Beziehungen. Gott bleibt das nicht verborgen. Der Dichter hat das schon anklingen lassen in dem Bild der Sonne, die alles sieht.

Voller Vertrauen wendet sich der Dichter an Gott, mit dem er in einer persönlichen Beziehung steht:

Auch wird dein Knecht durch sie gewarnt; in ihrer Befolgung liegt großer Lohn. Verirrungen – wer bemerkt sie? Von den verborgenen (Verirrungen) sprich mich frei! Auch von Übermütigen halte deinen Knecht zurück; sie sollen nicht über mich herrschen! Dann bin ich tadellos und bin rein von schwerem Vergehen. Lass die Reden meines Mundes und das Sinnen meines Herzens wohlgefällig vor dir sein, HERR, mein Fels und mein Erlöser! (Psalm 19,8-11)

Ethik und Beziehungen sind für uns Menschen sehr wichtig. Die Naturwissenschaft stößt hier an eine Grenze. (Mehr zu Grenzen der Wissenschaft.)

Unsere Sehnsucht, unsere Hoffnung

Dieser Psalm zeigt, wie das Weltbild der Bibel unsere menschlichen Hoffnungen anspricht.

  • Unsere Sehnsucht nach Wahrheit: Es gibt Hoffnung auf Erkenntnis der Realität.
  • Unsere Sehnsucht nach Harmonie: Es gibt Hoffnung, dass das Chaos nicht das Ende ist, es gibt Hoffnung auf Zuverlässigkeit und Stabilität.
  • Unsere Sehnsucht nach Schönheit: Es gibt eine Erklärung der Schönheit der Welt, unserer Gedanken und Beziehungen.
  • Unsere Sehnsucht nach dem Guten: Es gibt eine Erklärung für unsere ethischen Intuitionen.
  • Unsere Sehnsucht nach Frieden: Es gibt Hoffnung auf Vergebung und Versöhnung.

Alle diese verschiedenen Arten von Sehnsucht weisen uns Richtung Gott.

Das Weltbild der Bibel zeigt nicht nur, woher die Voraussetzungen für die Entstehung und das Funktionieren der Wissenschaft kommen. Das Weltbild der Bibel zeigt auch: Bei aller Schönheit und allem Segen, den die Wissenschaft bietet, gibt es noch mehr.