Weltanschauungen

Zauberweihnachten – mit leuchtende Kinderaugen gegen den Zynismus

Santa Claus war doch früher mit dem Schlitten unterwegs

Bild: PublicDomainPictures auf Pixabay.com

Zauberweihnachten ist ein Familienfest, bei dem Egoismus und Hektik überwunden werden sollen. Es will alle Jahre wieder durch Geben und Nehmen Zauber wirken. Steckt ein fauler Zauber dahinter? Geht es eigentlich eher um Macht als um leuchtende Kinderaugen? Zauberweihnachten kämpft gegen diesen Zynismus.

Wir wissen nicht, wie wir ein unvermischtes Zauberweihnachten feiern würden ohne christliche, westliche Traditionen. Aber eine der alten Traditionen ist die Klage: „Weihnachten ist nicht mehr wie früher!

Zauberweihnachten kommt immer gemischt mit Wunderweihnachten vor. Wunderweihnachten ist ein christliches Fest mit Ursprüngen in den Texten der Bibel.

Kampf dem Stress, Egoismus und vor allem dem Zynismus

Völlig entchristlicht wäre es wohl eine seltsame Geschichte ohne wirklichen Bösewicht, abgesehen vom Grinch, Scrooge oder dem Krampus und dem bösen Wirt. Zauberweihnachten ist eher ein dramatischer Kampf gegen unpersönliche Kräfte wie Stress und Egoismus. Außerdem muss auch manchmal Übergewicht bekämpft werden. Um nicht hier schon zu scheitern, gibt es vor Weihnachten auch immer gute Ratgeber von verschiedenen Organisationen. Im Hintergrund lauert aber der eigentliche Gegner: Zynismus.

Kampf gegen Zynismus

Zauberweihnachten kämpft energisch gegen den Zynismus. Zynische Entzauberung droht zum Beispiel durch kalte wissenschaftliche Machtanalysen. Rituale und Traditionen sollen als fauler Zauber entlarvt werden:

Die Rolle des Mannes ist es, den Baum zu holen. Alles andere muss die Frau machen, sie bewahrt und initiiert die Rituale. Die Kinder werden durch Geschenke aus dem Jenseits fügig gemacht. Erwachsene konkurrieren durch bessere Kekse, bessere Menüs, bessere Geschenke – so werden die Hierarchien vor Augen geführt. Daraus können politische Parteien und Konzerne Profit schlagen.

Im Hintergrund lauert aber die dunkle Ahnung: Weihnachten ist so sinnlos wie der Rest des Jahres – es gibt keinen Zauber, nur harte Fakten. Es gibt keine heile Welt, aber dafür zu viel sinnloses Leid und Traurigkeit.

Der Zynismus führt zum Nihilismus und seiner Weihnachtsallergie, zu ironischen Gegenaktionen (mit denen sich aber auch Geld verdienen lässt). Weihnachten kann zum Werkzeug für Gewinn (Macht, Geld, Rang) werden.

Wichtel - so wirklich wie Weihnachten?

Bild: Erin McKenna auf Unsplash.com

Bedeutungsglaube und Zauberweihnachten

Gegen diese materialistische Kälte und diese zynische Dunkelheit leuchten die Kerzen und duftet der Baum an. Gegen diese Sinnlosigkeit soll der Zauber von Weihnachten helfen. Der Glaube an Zauberweihnachten sagt: Weihnachten hat Bedeutung und wirkt Zauber. In einer Weihnachtsfolge der Serie Community heißt es:

„Die Bedeutung von Weihnachten ist, dass es etwas bedeutet. Und es kann bedeuten, was wir wollen.“  (Abed’s Uncontrollable Christmas, Episode 11 von Community, 2010)

Zugleich ist Weihnachten

„die verrückte Vorstellung, dass die längsten, kältesten, dunkelsten Nächte am wärmsten und hellsten sein können.“ (Patrick H. Willems)

Rituale – Alle Jahre wieder

Wie wird der Weihnachtszauber gewirkt? Rituale sollen helfen, denn wir denken: Wenn man etwas oft genug macht, erhält es Bedeutung. Deswegen ist die Wiederholung so wichtig: Alle Jahre wieder. Das kann auch – theoretisch – gegen Stress helfen, wenn jeder seine Rolle kennt und die Menüfolge fix ist. Besonders wichtige Rituale sind Geben und Nehmen, wobei die Betonung auf dem Geben liegt. In die dunkelste und kälteste Zeit des Jahres hinein soll großzügig und selbstlos gegeben werden. Denn wir hoffen, auf diese Weise den Egoismus zu besiegen.

Wenn Zauberweihnachten gelingt, wird ein toter Baum schön und Sauerkraut schmeckt himmlisch – so entsteht der Zauber von Schönheit und wahrem Genuss.

Der Zauber von Schönheit und Genuss

Weihnachten ist die Zeit im Jahr, in der Dinge plötzlich schön werden. Mark Forsyth, den ich schon öfters zitiert habe, sagt:

„… es ist die Jahreszeit, in der sogar ein toter Baum schön sein kann, wenn man ihn ins Wohnzimmer gibt.“ (Mark Forsyth)

Weihnachten ist eine Zeit des Genusses, wie zum Beispiel ein YouTube Kommentator schreibt:

„Ich bin aus Argentinien, wo wir am Weihnachtsabend feiern. Im Grunde gibt es uns die Erlaubnis ‚Asado‘ (Gegrilltes) als Familie zu essen, betrunken zu werden, um Mitternacht ein Feuerwerk abzubrennen und Winteressen mit Eis zu mischen. Im Grunde eine Vor-Sylvester-Feier, wenn wir dasselbe wieder machen Lol.“ (YouTube User bebebebota11)

Der Zauber der Verwandlung

Wenn es klappt, wachsen Menschen innerlich über sich hinaus und werden selbstlos und freundlich, wie in den Weihnachtsfilmen. So entsteht der Zauber der Verwandlung und der Liebe. In Weihnachtsfilmen wachsen Menschen zu Weihnachten und werden selbstlos und freundlich.

Patrick H. Willems, ein YouTuber, hat Weihnachtsfilme unter die Lupe genommen und gesehen:  eine Analyse von Weihnachtsfilmen gemacht. Das Fest gründet für ihn

„auf der Geschichte von Menschen, die keine Mühe scheuen um sehr großzügig zu sein und seine dauerhafteste Idee ist: Menschen kommen zusammen, meistens als Familie, um einander zu beschenken und zu helfen. … Weihnachten ist ein Feiertag, der auf der Vorstellung beruht, in der kältesten und dunkelsten Zeit des Jahres einander nahe zu kommen und zu helfen.“ (Patrick H. Willems)

Genau das erwarten wir auch von Zauberweihnachten.

Leuchtende Kinderaugen im Kampf gegen Zynismus

Wenn es funktioniert, findet jeder seinen Platz und seine Rolle in einem harmonischen Ganzen. So entsteht der Zauber der Geborgenheit. Wenn jeder seinen Platz kennt, wenn jeder weiß, was zu tun ist – dann ist das erholsam im Gegensatz zu der dauernden Unsicherheit und Unvorhersehbarkeit des Alltags. Besonders wichtig dabei sind Kinder. Sie sind die Beschenkten und drücken ihre Dankbarkeit und Freude aus. Soziologische Erhebungen zeigen: erst mit Kindern wird Weihnachten für Paare zum wichtigsten Fest des Jahres.

„Aus den Interviews resultiert ganz deutlich, dass erst durch die Kinder Weihnachten an Wichtigkeit gewinnt und die Eltern das Fest hauptsächlich für sie ausrichten unter anderem um Ihnen wichtige Werte zu vermitteln.“ (Denise Schmelzer, Eltern lernen durch Kinder die Bedeutung von Weihnachten)

Weihnachten wird für die Kinder ausgerichtet und hilft den Ausrichtern beim Erwachsensein.

Leuchtende Kinderaugen gegen Zynismus

Bild: Greg Rosenke auf Unsplash.com

Der Zauber der Heimat

Vermutlich sehnen sich auch die Erwachsenen in die verzauberte Welt der Kindheit zurück. Ernst Bloch spricht von

„etwas, das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat.“ (Prinzip Hoffnung, 1628)

Zauberweihnachten ist die Hoffnung auf Heimat. Wenn die Erwachsenen die Kinderaugen zum Leuchten bringen, spiegelt sich ihre Sehnsucht nach Verzauberung darin.

Der zerbrechlicher Zauber von Zauberweihnachten

Zauberweihnachten kämpft gegen Zynismus. So legt sich einmal im Jahr ein Zauber über harte Welt der Fakten – wenn es gut geht. Wenn es nicht gut geht, verlieren wir den Glauben an die Bedeutung von Weihnachten. Dann wird die Welt wieder entzaubert. Es bleibt der Zynismus. Zauberweihnachten ist nicht nachhaltig. Es ist nur das kleine Glöckchen, das zeigt, dass das Christkind da war – die Erinnerung an unsere tiefe Sehnsucht nach Schönheit, Verwandlung und Heimat.

Wunderweihnachten ist da schon nachhaltiger.

Literatur

Mark Forsyth, Think you know the true meaning of Christmas? You’re wrong and you always have been, The Telegraph, 20.12.2016, https://www.telegraph.co.uk/christmas/2016/12/20/think-know-true-meaning-christmas-wrong-always-have/ (11.12.2019)

Klaus Schönberger, Weihnachten: Fest der Liebe, Fest der Zwietracht, 29.11., https://www.derstandard.at/story/2000111527876/weihnachten-fest-der-liebe-fest-der-zwietracht, 11.12.2019.

Friederike Herrmann, Weg mit dem Weihnachtsmann, https://www.zeit.de/1989/52/weg-mit-dem-weihnachtsmann/komplettansicht, 11.12.2019.

Tom Holland, The myth of ‘pagan’ Christmas. Why does the idea that this Christian festival was stolen from heathen tradition persist?, Unherd, 25. Dezember 2020, https://unherd.com/2020/12/the-myth-of-pagan-christmas, 8.1.2021.

Denise Schmelzer, Eltern lernen durch Kinder die Bedeutung von Weihnachten. Kinder eröffnen ihren Eltern eine neue Sichtweise in Bezug auf das Feiern der Weihnachtstage. https://weihnachtssoziologie.files.wordpress.com/2014/11/eltern-lernen-durch-kinder-die-bedeutung-von-weihnachten-denise-schmelzer.pdf, 11.12.2019.

Patrick H. Willems, What Do Christmas Movies Mean?, https://www.youtube.com/watch?v=gPpJR0HUc10, 11.12.2019.

Mehr kalte Analyse

„Die jungen Paare begreifen sich erst durch den Nachwuchs als Familie komplett und möchten das Weihnachtsfest nutzen um mehr Zeit mit den Liebesten zu verbringen und den Familienzusammenhalt zu stärken.“  (Denise Schmelzer, Eltern lernen durch Kinder die Bedeutung von Weihnachten)

„Kommt Weihnachten von Wein, fragte vor Jahren eine muslimische Deutschkursteilnehmerin ihre Lehrerin. Eine durchaus logische Frage, hatte die junge Frau doch überall die adventlichen Punschhütten gesehen und gefolgert, das höchste Fest hierzulande bestehe aus Saufen und Geldausgeben. Tatsächlich: Wenn man dem Weihnachtsfest die religiöse Grundlage entzieht, bleiben nur der Konsum- und Kaufrausch übrig.“ (Barbara Coudenhove-Kalergi, Man muss kein Christ sein, um Weihnachten etwas abzugewinnen. 5. Dezember 2019, https://www.derstandard.at/story/2000111884896/man-muss-kein-christ-sein-um-weihnachten-etwas-abzugewinnen, 11.12.2019.)

Originalzitate

„The meaning of Christmas is the idea that Christmas has meaning. And it can mean whatever we want…“ (Abed’s Uncontrollable Christmas, Ep 11 von Community, 2010), zit. n. https://en.wikipedia.org/wiki/Abed%27s_Uncontrollable_Christmas, 11.12.2019)

„It’s the crazy notion that the longest, coldest, darkest nights can be the warmest and brightest.“ (Patrick H. Willems, What Do Christmas Movies Mean?, https://www.youtube.com/watch?v=gPpJR0HUc10, 11.12.2019.)

„I’m from Argentina and we only celebrate Christmas Eve, which is basically an excuse to eat „asado“ (barbecue) in family, get drunk, throw fireworks at 12 AM, and eat winter food mixed with ice cream. Basically, a pre-New Years Eve celebration when we do the same lol.“ (bebebebota11, Kommentar zu Patrick H. Willems, What Do Christmas Movies Mean?, https://www.youtube.com/watch?v=gPpJR0HUc10, 11.12.2019.)